Gloria Anne Achiengs Leben wurde von einer Kindheit in den Slums geprägt, die von großer Härte gezeichnet war – häusliche Gewalt, der tragische Verlust ihrer Mutter durch Suizid sowie ihre eigenen Kämpfe mit Depressionen und Angststörungen. Ohne klare Perspektive stand sie kurz davor, die Schule abzubrechen. Doch dank der Unterstützung engagierter Lehrkräfte fand sie neuen Halt. Heute setzt Gloria als Psychologin ihre eigenen Erfahrungen ein, um Kindern in Westkenia zu helfen, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind.
Erfahren Sie mehr über ihre bemerkenswerte Lebensreise:
Das Chapati-Festival: Ein Blick auf die Herausforderungen
Eines Tages nahm ich am Chapati-Festival im Jugendstrafanstalt von Kisumu teil, einem jährlichen Event, bei dem Menschen zusammenkommen, um zu kochen, Spiele zu spielen und Mahlzeiten mit Kindern aus verschiedenen Einrichtungen zu teilen.
Der stille Hilfeschrei eines 16-Jährigen
Das Event war fröhlich, mit Unterhaltung und gemeinsamem Kochen, bei dem viel gelacht wurde, doch ein 16-jähriger Junge fiel mir besonders auf. Juma (Name geändert) beteiligte sich kaum am Geschehen. Er saß in einer Ecke bei den Wasserhähnen und beobachtete die anderen Kinder beim Spielen. Manchmal stand er auf, tanzte ein wenig, setzte sich aber sofort wieder hin.
Vertrauen aufbauen
Als das Essen fertig war, setzte ich mich zu ihm und begann ein Gespräch über seinen Tag. Juma schwieg. Wir saßen gemeinsam schweigend und aßen. Dann fragte er mich, ob ich Dholuo verstehe, eine Sprache, die von der Volksgruppe aus der Nyanza-Region gesprochen wird. Ich nickte.
Angst vor der Zukunft
Er erzählte mir, dass das Event schön sei, er sich aber nicht wohlfühle. Ich fragte ihn warum, und er sagte, dass er kurz vor der Entlassung in die Gemeinschaft stehe, aber Angst davor habe, was ihn zu Hause erwarte. Er berichtete, dass er wegen einer Beziehung mit einer Klassenkameradin festgenommen worden sei. Zum Zeitpunkt der Verhaftung wurde ihm vorgeworfen, seine gleichaltrige Freundin missbraucht zu haben, da man annahm, dass das Mädchen als das schwächere Geschlecht nicht einwilligen könne.
Psychologische Unterstützung
Er machte sich Sorgen über die Rückkehr in seine Gemeinschaft, da er als der Junge bekannt sein würde, der Mädchen missbraucht, und niemand mehr etwas mit ihm zu tun haben wolle. Er sagte, dass er sich aufgrund dieser Sorgen nur schlecht auf seine Rehabilitation konzentrieren könne, weil seine Gedanken ständig bei dem Moment seien, in dem er das Heim verlassen müsse. Juma sagte auch, dass seine Familie ihn aus Scham nicht besuche, und er habe generell Angst, nach Hause zurückzukehren. Ich fragte ihn nach Beratungsmöglichkeiten, und er erzählte mir, dass sie im Heim keine erhielten und dass, wenn die Sozialarbeiter ihre Informationen abfragten, diese gegen sie vor Gericht verwendet werden könnten, weshalb sie sich nicht öffneten.
Psychologische Betreuung anbieten
Ab diesem Tag begann ich, den Kindern psychologische Unterstützung und Beratung zu bieten – unabhängig vom Jugendstrafanstalt, um ihr Vertrauen zu gewinnen. Ich konzentrierte mich zunächst auf Juma, um sicherzustellen, dass seine psychischen Bedürfnisse erfüllt wurden und er die Ereignisse um sich herum verarbeiten konnte.
Lernen durch Kunst
Ich stellte schnell fest, dass die meisten jungen Bewohner nie eine Schule besucht oder die Schule frühzeitig abgebrochen hatten. Sie konnten nur in ihrer Muttersprache kommunizieren, und wenn sie Englisch oder Swahili verstanden, konnten sie es nicht schreiben. Daher führte ich das Lernen durch Kunst ein, damit sie lernen und sich ausdrücken konnten.
Vorbereitung auf das Leben danach
Nach und nach öffneten sich die Kinder. Einige äußerten den Wunsch, wirtschaftliche Fähigkeiten zu erwerben. Sie hofften auf eine bessere Zukunft und betonten, dass sie zumindest eine Fähigkeit erlernen müssten. So begann ich mit der Einführung von Skills-trainings.
Die Lücke zwischen Einrichtung und Zuhause schließen
Der Moment, in dem die Kinder wieder in die Gemeinschaft entlassen werden sollten, ist für sie entscheidend. Wir mussten zunächst herausfinden, wie wir diesen Übergang reibungslos gestalten konnten. Dazu gehörte auch, wie wir die Unterstützung der Familie und der Gemeinschaft für das Kind sicherstellen könnten. Zudem mussten wir die Gemeinschaft aufklären und mit den Problemen umgehen, die zur Verhaftung des Kindes oder seiner Entfernung aus dem Zuhause geführt hatten. Schließlich war es wichtig, die Sicherheit des Kindes zu Hause zu gewährleisten.
Familienzusammenführung: Komplexe Beziehungen erfolgreich navigieren
Durch die Arbeit mit Juma führten wir unseren Reintegrationprozess ein. Wir besuchten sein Zuhause, bevor er entlassen wurde, und sprachen mit der Familie. Zunächst wollten sie den Jungen nicht zurück, da sie behaupteten, er sei problematisch und habe einen schlechten Einfluss auf die jüngeren Geschwister. Auch die Familiendynamik spielte eine große Rolle, da er bei seiner Mutter und seinem Stiefvater lebte, der sich nicht verpflichtet fühlte, sich um ihn zu kümmern. Wir führten Familientherapie, Beratung und Schulungen zur Erziehungsfähigkeit durch, und nach seiner Entlassung wurde der Junge mit der Familie wiedervereint.
Alternative Lösungen
Nicht alle Familien lassen ihre Kinder zurückkehren, was uns dazu bringt, nach alternativen Familien zu suchen, wie andere Verwandte oder ein Rettungs- oder Rehabilitationszentrum, das bereit ist, das Kind aufzunehmen.
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Wachsende Wirkung: Glorias Arbeit verändert weiterhin Leben
Glorias Projekt begann im Dezember 2021. Bisher hat sie 12 Haushaltsstärkungsaktivitäten durchgeführt, darunter Rehabilitation, Fertigkeitstraining und Familienzusammenführung. Über 500 Kinder haben Beratungsgespräche erhalten, und 200 Jugendliche und Frauen haben an Fertigkeitstrainings und Diskussionen über kommunale psychosoziale Unterstützungssysteme teilgenommen.