Tag 54 – Entspannt Euch nur nicht zu früh!

Sabriye Tenberken
Co-Gründerin von kanthari

Überall in der Welt sieht es so aus, als würden sich die Menschen langsam an die Situation gewöhnen. Nachrichten über Neuinfektionen und Todesfälle gehören fast schon zum Alltag und werden kaum mehr kommentiert.

In Indien werden Regionen in Farben eingeteilt. Rot bedeutet Alarm, Infektionen sind noch an der Tagesordnung, orange, es hat schon seit einigen Tagen keinen neuen Covid-Fall mehr gegeben und grün, alles in Ordnung, es darf gefeiert werden. Der Staat Kerala ist bekannt für seine Vorsicht in Krisenzeiten. Daher gibt es in ganz Kerala keinen grünen Bereich. Trotz der Tatsache, dass es schon länger keinen Krankheitsfall in Trivandrum gegeben hat, gehören wir zur orangenen Zone. Das bedeutet, strikte Ausgangssperre am Abend, nur begrenzte Bewegungsfreiheit über den Tag hinweg, keine Reisemöglichkeit zwischen den Bezirken. Obwohl sich also Ausgangssperren langsam lockern ist es noch nicht klar, was man darf und was man besser bleiben lässt, also bleibt man zu Hause und wartet.

Unser Zuhause ist der Campus mit den dazugehörigen Wohngemeinschaften, die sich im direkten Umfeld des Campus befinden.

Wir essen und arbeiten gemeinsam mit unserem Team, bestehend aus Administration und Katalysatoren, (so werden bei uns die Ausbilder genannt).

Seit Ende März haben wir allerdings kaum jemanden von außen zu Gesicht bekommen. Und dennoch haben wir das Gefühl, mit viel mehr Menschen als gewöhnlich im engen Austausch zu stehen.

Die Blog-Berichte über die kantharis und ihre Aktivitäten in der ganzen Welt und die Nachrichten von Lesern und Leserinnen aus Spanien, der Schweiz und aus Deutschland, haben uns aufgezeigt, dass es hier tatsächlich um ein globales Ereignis geht. Alle sind sich einig, nichts läuft nach Plan. Wir müssen alle umdenken.

Für uns bedeutet das, dass wir den Kurs, der im Mai hätte beginnen sollen, auf unbestimmte Zeit verschieben mussten. In der Zwischenzeit werden wir uns um die bereits ausgewählten Kandidaten kümmern, die unruhig in den Startlöchern stehen und auf ein Zeichen warten, ihre Tickets buchen zu können. Auch wir warten auf ein Zeichen der indischen Regierung. Und überall die gleiche Frage, wann werden die Grenzen wieder offen sein?

In der Zwischenzeit arbeiten wir an einem Online-kanthari-Guidebook. Es handelt sich um ein praktisches Handbuch zum Thema “die Welt verändern …” In 100 Kapiteln mit mehr als 1000 Unterkapiteln, werden an Hand von Fallbeispielen, Fehlern und Erfolgsgeschichten, mit speziell angefertigten Illustrationen und Hördokumentationen, alles Wissenswerte über Start und Durchführung einer sozialen oder einer Umwelt Initiative dargestellt.

Darüber hinaus arbeiten wir weiter an unserem Blog, allerdings in etwas reduziertem Maß. Morgen wird es den letzten regulären Blog-Bericht geben. Er enthält eine Übersicht über einige der kanthari Aktionen, die durch den Nothilfe Fond und durch die großzügigen Spenden der Leser und Leserinnen möglich gemacht wurden.

Die Nothilfe wird allerdings weitergehen müssen, denn in vielen Heimatländern unserer kantharis fängt das Elend jetzt erst an. Es gibt Arbeitslosigkeit, Hunger und besonders in den Slums mehr und mehr Infektionen.
Zudem Sagen die Meteorologen Regen und Fluten für ganz Indien voraus.

Und während ich auf meinem lieblingsschreib-Platz, oben auf dem Balkon sitze, höre ich in der Ferne Donnergrollen und die vom Vormonsun gepeitschten Wellen der arabischen See. Währenddessen steigt der Vellayani See durch die sintflutartigen allabendlichen Regenfälle bedrohlich an. Die täglichen Stromausfälle und Blitzeinschläge in Bäume und solar Systeme, geben uns regelmäßige Warnungen: Es ist noch nicht vorbei! 

Entspannt Euch nur nicht zu früh!

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