Wie wir von unseren Vorgängern erfahren konnten, gibt es jedes Jahr während des kanthari Programms eine spannende Reise, die “Exposure-Tour”. Es handelt sich dabei um eine Lernerfahrung für alle kanthari-Teilnehmer, die gemeinsam in Süd-Indischen Raum soziale Projekte besuchen. Dabei kommt man besonders mit den Gründern einer Organisation ins Gespräch und man kann viel über den Aufbau einer Organisation, über mögliche interne und externe Probleme erfahren.
Nach einer solchen Tour kann das eigene Projekt Vorhaben noch einmal durchdacht werden. Viele kehren mit ganz neuen Ideen und Erkenntnissen auf den kanthari Campus zurück.
In diesem Jahr läuft vieles anders.
Seit Beginn des Kurses haben wir alle Zeit fast ausschließlich auf dem Campus verbracht und wir wären sehr gerne gereist. Durch Covid-19, hier in Kerala haben wir immer noch viele tägliche Fälle, konnten wir diesen leider Plan nicht umsetzen. Also hat sich das kanthari-Team eine andere Lösung einfallen lassen. Virtuelle Besuche bei Projekten von kanthari-Absolventen in Afrika. Die Tatsache, dass wir die Projekte nicht physisch besuchen konnten, war zunächst ein Tiefschlag. Die Stimmung steigt aber immer, sobald wir sehen, wie das kanthari Team Hindernisse in Lösungen wandelt.In nur wenigen Stunden haben wir enorm viel von unseren Vorgängern gelernt. Wir konnten erfahren, welche Probleme sie überwinden mussten, was bewährte Praktiken sind, und vor allem wir haben eine Menge Mut bekommen, unsere Projekte wirklich anzugehen.
Hier einige dieser Erfahrungen: Insgesamt waren es sechs Projekte von kantharis aus drei verschiedenen Ländern und 5 Generationen. Sie haben uns durch ihre Räumlichkeiten geführt und anschließend unsere vorbereiteten Fragen beantwortet. Alle waren so zuvorkommend, strahlend und doch bescheiden. So wie es sich für kantharis gehört.
Nehmen wir zum Beispiel Lawrence aus Nigeria. Er leitet Springboard eine Organisation, die Studienabgängern, Arbeitslosen und Interessierten jungen Menschen eine kostenlose Ausbildung als ökologischer Landwirt bietet.
Das Training beinhaltet neben der Ausbildung auch die Möglichkeit einer Genossenschaft beizutreten, durch die die Produkte verkauft werden können. (Zurzeit hat die Genossenschaft 908 Mitglieder.) Aber Lawrence hat insgesamt schon über 3000 junge Leute ausgebildet. Die Farm, die er uns per Videorundgang zeigte, war beeindruckend. Um aber so weit zu kommen, musste Lawrence viele Hindernisse überwinden. Das fing schon gleich am Anfang seines Traums an. Seine Eltern hatten sich eine ganz andere Karriere führ ihn vorgestellt. Der Traum, Landwirt zu werden, passte so gar nicht in ihr Konzept. In Nigeria wird Landwirt als Beruf für arme Leute angesehen. Außerdem gab es viele organisatorische und bürokratische Hürden. Sogar Herausforderungen mit den Begünstigten selbst. Lawrence sagte, dass er oft mit Bitten und Forderungen seiner Begünstigten konfrontiert wird, die ihn, wenn er nicht aufpasst, leicht von seinem Hauptziel ablenken können. Aber er blieb standhaft, und das zeigt sich an der großen Anzahl von Landwirten, die von seiner Organisation profitiert haben.
Toni, die Gründerin von Durian sah sich ebenfalls mit einigen Herausforderungen, die von ihren Begünstigten verursacht wurden, konfrontiert. Das Hauptziel der nigerianischen Organisation ist es, Abfall in Wertsachen zu verwandeln. Toni sagte, dass kostenlose Dienstleistungen oft ein Hindernis für einen sozialen Wandel darstellen, da die Menschen das, was sie erhalten, nicht wirklich wertschätzen. Eine finanzielle oder andere Form der Verpflichtung hilft dabei, eine stärkere aktive Beteiligung der Beneficiaries zu erreichen. Sie hat ihr Konzept vollkommen verändert, und hat so mehr Eigenbeteiligung. Das hilft wiederum bei der Auswahl von Begünstigten, diejenigen, die wirklich motiviert sind.
Zudem stellt sie nun ihr Team aus den früheren Teilnehmern zusammen. Sie nämlich wissen, worum es wirklich geht. Ihre Begründung: Erstens, durch die früheren Interaktionen hat sie eine gute Vorstellung von ihnen und zweitens, hat die Person gezeigt, dass sie Durians Vision und Mission versteht und daran glaubt.
Toni hat sich als gute Fundraiserin erwiesen. Ihr Rat in dieser Hinsicht war einfach, aber bemerkenswert. Sie sagte, es sei wichtig, eine Beziehung zu dem Spender aufzubauen. Diese Beziehung kann sogar eine persönliche Ebene erreichen, ohne dass dabei die berufliche Integrität verloren geht. Der Aufbau einer Beziehung bedeutet nicht, dass man sich stundenlang mit ihnen unterhält. Sondern, dass man ihnen an ihrem Geburtstag eine Nachricht schickt und gelegentlich eine kleine Führung durch die eigene Arbeit gibt.
Ähnliche Gedanken zur Mittelbeschaffung äußerte auch Limbi aus Kamerun, die Gründerin von Ecological Balance Ihre Organisation setzt sich für den Erhalt der Wälder ein und schafft gleichzeitig nachhaltige Lebensgrundlagen. In den ersten Jahren kann die Mittelbeschaffung eine kleine Herausforderung sein. Der Aufbau eines starken Netzwerks kann diese Herausforderung immens erleichtern. Oftmals können gute Referenzen Mittel einbringen. Sie erwähnte jedoch auch, dass vieles auch ohne Geld getan werden kann. Während der Corona-Krise wurde ihr das bewusst. Selbst mit extrem begrenzten Mitteln haben sie und ihr Team neue Wälder geschaffen. Sie wies auch darauf hin, dass ein nachhaltiger Wandel nur möglich ist, wenn der Prozess von den Begünstigten selbst getragen wird. Limbi arbeitet in einem Land, in dem Bürgerkrieg herrscht, und alle waren sehr beeindruckt von ihrem Mut und ihrer Entschlossenheit.
Einige von uns, die Anfänger auf diesem Gebiet sind, fragen sich, wie man sich konzentrieren kann, während man seinen Arbeitsbereich erweitert. Manzi aus Ruanda, der Gründer von Dream Village gab etwas sehr Wertvolles weiter. Er sagte: “Bevor du eine neue Tätigkeit aufnimmst, frage dich, ob sie mit deiner Vision übereinstimmt. Nur wenn die Antwort ja lautet, fang damit an.” Manzi setzt sich für die Stärkung der Handlungskompetenz von HIV-positiven Jugendlichen ein. Er schloss mit einem inspirierenden Zitat von Bob Marley: “Lebe für dich selbst und du lebst umsonst, lebe für andere und du wirst wieder leben.”
Diese Leidenschaft, sich für andere einzusetzen, war auch in Odunayos Gesicht deutlich zu erkennen. Sie ist die Gründerin von Bramble einer Organisation in Nigeria, die mit Kindern in der alternativen Bildung arbeitet. Es war sehr interessant zu sehen, wie praktisch sie die Umwelterziehung in ihren Lehrplan integriert hat. Ein Thema, das in unserer heutigen Zeit sehr wichtig ist. In nur zwei Jahren hat sie eine Menge erreicht. Sie erzählte, dass ihr Erfolgsrezept darin besteht, die Gemeinschaft und die Eltern in den Prozess einzubeziehen. Sie sagte, dass sicherlich viele Herausforderungen auf uns zukommen werden, was wichtig ist, ist der Hunger nach Veränderung, wenn man den hat, dann folgt Erfolg fast von selbst.
kantharis sind darauf trainiert, Herausforderungen anzunehmen und zu überwinden. Njeke Joshua, der Gründer von Peace Crops aus Kamerun, ist ein weiteres inspirierendes Beispiel dafür. Kamerun litt und leidet unter einem andauernden Bürgerkrieg. Um sich für eine bessere Zukunft einzusetzen, nutzt Peace Crops den ökologischen Landbau als Mittel, um Frieden in die Kriegsgebiete zu bringen. Er erklärte, dass die zur Verfügung gestellten kanthari-Werkzeuge sehr wichtig sind, da sie für die Bewältigung der Hürden beim Start und bei der Führung eines sozialen Unternehmens benötigt werden.
Die Geschichten, in denen Kämpfe, Herausforderungen, Lösungen und Erfolge geteilt wurden, gab uns, den 2021 kanthari Teilnehmern, ein Bild des Wegs, der vor uns liegt. Die kantharis die wir kennen gelernt haben, waren alle unglaublich zielstrebig. Damit sie ihr Ziel erreichen konnten, hatten alle von Anfang an einen gut durchdachten Plan.
Das erinnerte uns an das, was uns Sabriye und Paul erzählen. Sie praktizieren kein Risikomanagement, sondern Abenteuermanagement. Wenn ein Plan gut durchdacht ist und man offen für ein bisschen Abenteuer ist, ist alles möglich!
Akhina kommt aus Kerala und ist eine junge, sozial engagierte Frau, die mit ihrer Organisation Alarmo junge Menschen dazu anregen will, Umweltschützer zu werden.
Biman kommt aus Westbengalen. Er wuchs in einer ländlichen Gegend auf. Später studierte er im Ausland. Doch nach seiner Rückkehr erfuhr er von desaströsen Veränderungen in der Landwirtschaft. Mit seiner Organisation Bon will er seiner Heimatgemeinde neue Impulse geben, die sie zu traditionellen und umweltfreundlicheren Anbaumethoden zurückbringen könnten.