Wurzeln der Kraft, Ernte der Hoffnung

Faith Siele

In den halbtrockenen Gebieten von Birika, Kenia, wo Wasser knapp und Möglichkeiten noch rarer sind, kultiviert Faith Siele mehr als nur Drachenfrüchte. Sie nährt Widerstandskraft und Chancen. Was als persönlicher Überlebenskampf begann, hat sich zu einer kraftvollen Bewegung entwickelt, die Maasai-Frauen durch dürreresistente Landwirtschaft und traditionelle Perlenkunst wirtschaftlich stärkt. Mit großer Herzensstärke verwandelt Faith heute Härten in Ernten.

Um mehr über ihren Weg, die Frauen, mit denen sie arbeitet, und die Samen des Wandels, die sie pflanzt, zu erfahren, lesen Sie weiter:

Der Kampf einer Frau für die Zukunft ihrer Töchter

In einer kleinen Manyatta im Herzen von Namanga, Kenia, bereitet Saidimu, liebevoll „Samu“ genannt, gerade eine Mahlzeit für ihre Kinder zu. Samu ist die erste Frau eines Maasai-Moran – eines Dorfältesten, der selten zu Hause ist. Er hat weitere Familien zu versorgen, aber wenn er da ist, sind die Kinder am glücklichsten. Samu ist Mitte vierzig, hat fünf erwachsene Kinder und zwei in der Grundschule. Außerdem kümmert sie sich um vier Enkelkinder. Ihr ältester Sohn mit Familie lebt im gleichen Hof.

Familienleben im Wandel

Während die Sonne über der Savanne untergeht, steht ihr einfaches Abendessen aus geschmorten Kartoffeln und „Ugali“ – einem Maisbrei – bereit. Die Familie versammelt sich in ihrer einfachen Lehmhütte um das Feuer, teilt das Essen und erzählt von ihrem Tag.

Ich erinnere mich, als wir vor sechs Jahren nach Namanga gezogen sind. Sie war die Erste, die uns willkommen hieß und uns hinter dem Zaun zu sich nach Hause zum Essen einlud. Samus Hof war grün, mit einem Bananenhain, und hinter ihrer Manyatta baute sie Gemüse an. Ihr Küchengarten war schlicht – eingezäunt mit einheimischen Kakteen und Stöcken, um das Vieh von den wertvollen Pflanzen fernzuhalten.

Auswirkungen des Klimawandels

Mit dem Klimawandel und der Wasserknappheit der letzten Jahre kann Samu nicht mehr so bewirtschaften wie früher. Ihr Hof ist jetzt von verstreuten Akazienbäumen umgeben. Der Küchengarten ist eine kahle Fläche, auf der ihre Enkelkinder spielen. Ich frage sie, ob sie jemals wieder mit dem Anbau beginnen würde. Sie zeigt auf einen Hügel am Horizont des Dorfes. Er heißt „Ol-donyo“ Felsen, was „Der Schwarze Felsen“ bedeutet. Sie erzählt mir, dass der Felsen früher „weinte“ und Wasser für die gesamte Region Namanga spendete. Doch da Gott keinen Regen schickt, ist der Felsen nun trocken.

Hoffnung durch Drachenfrucht

Wir hatten gerade Drachenfrüchte geerntet und einige für sie und ihre Familie mitgebracht. Sie sagt, die Kinder lieben sie, und schneidet eine auf, damit sie alle teilen können. Sie freut sich darauf, wenn ihre eigenen Drachenfrüchte Früchte tragen werden. Die Setzlinge, die wir ihr geschenkt haben, hat sie um zwei Akazienbäume gepflanzt.

Faith Siele in Namanga, Kenia, die Landschaft in dieser Gegend, und eine saftige pinkfarbene Drachenfrucht

Eine Frau, viele Rollen

Wenn Samu nicht mit den Hausarbeiten beschäftigt ist, kümmert sie sich um ihr Vieh. Sie hält zwei Milchkühe sowie einige Ziegen, Hühner und Schafe. Jeden Tag sorgt sie dafür, dass die Kühe und Ziegen rechtzeitig gemolken werden und dass die Jungen früh genug losziehen, um sie zu hüten. Einmal pro Woche steht sie schon vor vier Uhr morgens auf, um große Mengen Brei zuzubereiten, den sie auf dem wöchentlichen Gemeindemarkt verkauft. So verdient sie ein zusätzliches Einkommen für ihre Familie.

Perlen als Lebensgrundlage

Zwischen all ihren Aufgaben findet man sie fast immer beim Perlenarbeiten – ein Handwerk, das sie von ihrer Mutter gelernt hat und nun an ihre Töchter weitergibt. Sie fertigt kunstvolle Armbänder, Halsketten und sogar Gürtel aus Leder an. Auf meine Frage, wo sie ihre wunderschön gefertigten Perlenarbeiten verkauft, antwortet sie, dass sie diese ebenfalls auf dem Markt anbietet, auf dem sie auch den Brei verkauft. Mit dem zusätzlichen Einkommen kann sie ihre Familie ernähren, einkleiden und den Schulbesuch ihrer Kinder sichern.

Bildung als Schlüssel

Samu ist eine Frau mit Weitblick. Für sie ist klar: Alle ihre Kinder müssen eine gute Schulbildung erhalten. Entschlossen, ihnen die Chancen zu ermöglichen, die sie selbst nie hatte, hat sie sie auf Internatsschulen geschickt. Eine ihrer Töchter studiert inzwischen für ein Diplom in Gemeindegesundheit. Samu lächelt stolz, wenn sie davon erzählt, und versichert, dass sie alles tun wird, damit ihre Töchter die Möglichkeiten bekommen, die ihr einst verwehrt blieben. Sie sagt, dass ihre Töchter nicht wie sie im Alter von nur zwölf Jahren verheiratet werden sollen.

Weitergabe von Wissen und Träumen

Ihre älteste Tochter Sinore ist derzeit zu Hause, um sich nach der Geburt ihres Kindes von ihrer Mutter versorgen zu lassen. Unter dem Schatten des größten Akazienbaums im Hof sitzen die Frauen der Familie zusammen, arbeiten an ihren Perlen und tauschen dabei Geschichten und Ratschläge aus. Samu zeigt mir, was sie gefertigt haben – ich bin beeindruckt von der filigranen Handwerkskunst.

Sinore lebt in einem abgelegenen Dorf, das nur mit einem Geländewagen oder Motorrad erreichbar ist. Im Gegensatz zu ihren jüngeren Schwestern konnte sie nach der Schule keine weitere Ausbildung machen – sie heiratete direkt nach dem Abschluss der Oberstufe. Nun träumt sie davon, zu lernen, wie man ein Geschäft führt, und hofft, eines Tages ihr eigenes eröffnen zu können.

Perlen, Farben und Geschichten

Ihre Schwägerin Meoli fragt mich, ob ich perlen kann. Ich verneine, sage aber, dass ich es gerne lernen würde. Sie lächelt, reicht mir ein umfunktioniertes Plastikgefäß voller bunter Perlen und eine Spule mit Angelschnur. Geduldig führt sie meine Hand, zeigt mir, wie man die Perlen aufnimmt und eine Reihe bildet. Die nächste Reihe darf ich selbst versuchen. Wenn ich einen Fehler mache, verbessert sie mich ruhig. Als ich fertig bin, sagt sie: „Du lernst schnell.“ Ich lächle, halte das Armband in die Höhe und bewundere mein Werk. „Du bist eine wunderbare Lehrerin“, sage ich zu ihr.

Farben mit Bedeutung

Samu’s ältere Schwester ist aus einem Nachbardorf zu Besuch. Ich bewundere den schönen Perlenschmuck, der ihre Ohren, Handgelenke und Hälse ziert. Sie erzählt mir, dass jede Perlenfarbe eine Bedeutung hat: Rot steht für das Blut des Viehs, Weiß für Frieden und Wohlstand, Blau symbolisiert den Himmel und das Wasser. Die Frauen tragen bunte, karierte Shukas – Samu trägt ein leuchtend rotes mit blauen Mustern, ihre Schwester ein tiefblaues mit gelben Streifen.

Familie als Kraftquelle

Samu war bei der Geburt aller ihrer Enkelkinder dabei. Sie kümmert sich mindestens drei Monate lang um ihre Töchter und Schwiegertöchter, bevor diese zu ihren Ehemännern zurückkehren. Als ich sie frage, wie sie das alles schafft, lächelt sie sanft. „Das macht Familie füreinander“, sagt sie. „In einer Familie ist immer genug für alle da.“

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